Gut vorbereitet gehts auf Reisen…

Hans-Haiko Seifert – Ausgelesen
mit Leseproben aus dem Manuskript: "Joanna"
Gut vorbereitet gehts auf Reisen…
Ich bin dabei und lese (fast) passend zum Datum das Kapitel „Johannisnacht“
Am 9. Juni 2023 um 20:00 Uhr auf dem Heinrichsplatz.
Manchmal liest man darüber, dass die Aufführung von Bachs Johannespassion für die Sängerinnen und Sänger nicht nur eine physische Herausforderung ist, sondern auch emotional sehr ergreifend.
Gestern haben wir es wieder erlebt mit der Briesnitzer Kantorei:
Nach drei Stunden Orchesterproben und einer kurzen Pause die Aufführung.
Ich will von zwei Momenten erzählen. Nach Jesu Tod am Kreuz und seinen letzten Worten „Es ist vollbracht“ erklingt die wundervolle Alt-Arie, begleitet von der traurigen Musik einer Viola da Gamba. Schließlich hört der Chor, der auf der steilen Chortreppe sitzt die Erzählung des Evanglisten: „Und neiget das Haupt und verschied“. Der Dirigent auf dem Pult, lässt mit einer Geste die Musik anhalten und faltet die Hände. Indes wurde die Kirchentür geöffnet, man spürt den kühlen Hauch durch die Kirche gehen und schon läuten die Glocken. Man sieht die Köpfe des Chores gesenkt und ich kann nur berichten von Gefühlen großer Ergriffenheit.
Nachdem die letzten Stücke der Johannespassion verklungen sind, wiederholt sich das noch einmal beim Schlusschoral und den letzten Takten, die beinahe hymnisch rufen: „Herr Jesu Christ, erhöre mich, ich will dich preisen ewiglich.“ Dann setzt das große Geläut ein und die Kirche verharrt in Stille.
Die Geheimnisse der Johannespassion 2
Eine Figur namens Ahasver findet sich nicht im Johannesevangelium, sie steht in gar keinem Evangelium, sie stammt aus alten Volkssagen. Die erzählen vom Schuhmacher Ahasver aus Jerusalem. Der Leidensweg Christi, der sein eigenes Kreuz auf der Schulter zur Hinrichtungsstätte nach Golgatha tragen musste, führte direkt an Ahasvers Haus vorbei. Es heißt, die tiefe Schulterwunde, die von den Balken des Kreuzes stammte, sei die schmerzhafteste aller Wunden Jesu gewesen. Jesus blieb stehen vor Ahasvers Haus. Ahasver aber, der den Reformer Jesus für einen Ketzer hielt, trieb Jesus mit Faustschlägen weiter. Jesus aber sah ihn an und sprach: „Ich will stehen und ruhen, du aber sollst gehen.“
Und so musste Ahasver fortan, wie von einem Fluch getrieben durch die Jahrhunderte und die Welt wandern, und er fand keine Ruhe, noch nicht einmal den Tod.
Dieser Ahasver war also einer jener Wutbürger, die im Chor fordern und schreien: „Kreuziget! Kreuziget ihn!“
Welche Wandlungen er auf seiner rastlosen Wanderung erfährt, darüber gibt es zahlreiche Varianten in der Literatur, bei Hans-Christian Andersen, Jorge Luis Borges, Gabriel Garcia Marques, Leo Perutz, Stefan Heym und bei vielen anderen.
Und … Er spielt eine Rolle in meinem neuen Romanprojekt. Davon wird allerdings noch nichts verraten.
Die Geheimnisse der Johannespassion 1
Jeder kennt die Stellen in Bachs Johannespassion, der Chor der Wutbürger fängt an zu schreien, die Stimmen scheinen überzuschnappen, der Rhythmus wie Hammerschläge: „Kreuziget, Kreuziget, kreuziget ihn!“
Alles scheint drunter und drüber zu gehen, so jedenfalls ist es hörbar für alle in der Kirchenbank oder am Lautsprecher. Und doch hat Bach natürlich alles in Noten geschrieben.
Das Überraschende ist, weil es im Verborgenen offenbar wird: Die Kreuzigung wiederholt sich in der Notenschrift. Plötzlich wird in Tonarten notiert mit besonders vielen Kreuzen, plötzlich laufen Tonlagen gegeneinander und kreuzen sich, die ansonsten in ihren angestammten Höhen nebeneinander verlaufen. Kreuziget ihn!
In einer industriellen Buchhandlung an den Regalen entlang schlendern. Ratgeber, Ratgeber, Einhörner, Furzkissen, Reise. Kein Regal für mich. So ist es eben. Aber ein Mädchen, vielleicht 10,11 Jahre alt, hockt mit Winterjacke und Schulranzen auf dem Rücken auf dem einzigen Stuhl und hat ein Buch auf den Knien aufgeschlagen.
Wenig später steht das Mädchen vor mir an der Kasse. Sie bittet die Verkäuferin um etwas. Die verpackt gerade ein Buch als Geschenk, schaut kurz auf, schüttelt den Kopf, bindet eine Schleife. Das Mädchen bittet erneut. Da öffnet die Verkäuferin eine Schublade, holt ein Päckchen Papiertaschentücher heraus und reicht ihr eines.
Hier beginne ich einen Blog mit Alltagsbeobachtungen
Musikalische Lesung: Jazz, Lyrik, Prosa in der Heilandskirche Dresden-Cotta
Lesung: Manuela Bibrach, Hans-Haiko Seifert
Musik: Anika Münch(Bass), Marie Hofmann (Gesang), Simon Seifert (Drums) und Tilmann Heller (Piano)
Danke an das Publikum, das zahlreich erschienen ist!
Fotos: Reiner Göldner
Im Grunde hat SAX es richtig eingeordnet: Jazz Lyrik Prosa. Was nicht stimmt ist, dass Manuela Bibrach und ich musizieren. Dafür sind junge Musiker zuständig, die Simon Seifert aus Weimar, Leipzig und Dresden zusammenbringt.
Und zwar am 21. September.
Jazz Lyrik Prosa
Wir freuen uns auf unsere Veranstaltung im Rahmen des Cotta Treffs der Dresdener Heilandskirche
Am 21. September
Um 19:30 Uhr
In der Heilandskirche Dresden-Cotta
Mit Manuela Bibrach, Hans-Haiko Seifert und Musikern aus Weimar, Leipzig und Dresden