Orte des Geschehens

Alkatraz

Die Ankunft des Protagonisten an seinem neuen Wohnort:

“… Dort wohnen? Hinter dieser Mauer! Und sollte sie jemals von Menschenhand gebaut worden sein und nicht etwa aus der Tiefe der Erde irgendwann empor gewuchtet, von Kräften, die man von Faltengebirgen kennt, dann ist sie als freudloses Bauwerk errichtet worden, als Gefängnis. Oder als Kaserne. 
Bevor ich in diese Kaserne einziehe, kann ich auch in den nächsten Zug steigen und mich wieder einbetten lassen, rückbetten in mein altes schlafendes Land, in die schlafende Stadt. Seht nur, da bin ich wieder!…“

Es existieren keine Fotos von heute, keine Fotos von damals. Stattdessen ein polnischer Wikipedia-Eintrag:

https://pl.m.wikipedia.org/wiki/Dom_Studencki_Akademik_w_Warszawie

Pole Mokotowskie

Heutzutage undenkbar: Mit einem Warka an der Bierbude sitzen. Stattdessen Sommerkino auf den Wiesen, überall Musik im Park und im Biergarten „Lolek“ Fassbier und opulente Mahlzeiten, von Mammutsteak bis Lachsfilet. 

Bazar Różyckiego

„…Schon auf der Targowa herrschte dichtes Gedränge und schnell fand ich den Eingang zum Różyckiego, zog meinen Rucksack fester an mich und folgte einfach dem Sog der Mäntel und Jacken, die im Strom der Besucher eng aneinander rieben. Zwischen ihnen war ich doch in Sicherheit, weit genug entfernt von den dunklen Winkeln der Verkaufsstände, die oft verhangen waren von Tüchern und Decken. Aber so arglos blickten die Standbesitzer, so gelangweilt die Verkäufer. Wo sollte es denn hier Waffen geben? Also begann ich mich treiben zu lassen, wie auf einem Floß, und schaute mich um mit Staunen, immer links und rechts des Ganges…“
Heute interessiert sich kaum noch jemand für diesen Markt.

Plac Zbawiciela

An Tagen, an denen der Alkoholverkauf verboten war, also z.B. am Monatsersten (Zahltag), standen die Händler mit ihrer Ware in den Arkaden des Erlöserplatzes (Plac Zbawiciela), jede Flasche wurde in die Zeitung der kommunistischen Partei, Tribuna Ludu eingewickelt.
Das spielt schon eine Rolle im Text …
Heute jedoch ist das alles legalisiert.

Gmach Główny

„… Ich verließ den dunklen, staubigen Raum, mit seinen toten Seelen, zog die Tür leise ins Schloss, ging den Weg ein Stück zurück und eine weitere Treppe hinauf. Bald fand ich heraus, dass die Räume mit der 58 nicht übereinander liegen konnten. Vielmehr war es so: Je höher ich kam, desto kleiner schien alles zu werden, desto unübersichtlicher, dunkler und staubiger wurde das System aus Querverbindungen, Türen, schmalen Lichtschächten und knarrenden Treppen dazwischen. 
Ich folgte einem Gang in einen Seitenflügel und öffnete ganz vorsichtig die Tür 358. Dort saß ein kleiner kahlköpfiger Mann in einem fensterlosen Raum im Schein einer Lampe am Tisch, weit nach vorn gebeugt über eine Winzigkeit …“

Man sieht es dem Gebäude nicht an. Man sieht ihm das Prunkvolle an, aber dass es ein verwunschener Ort werden kann, voller geheimnisvoller, seltsamer Begegnungen, schließlich sogar die Begegnung mit Joanna. So sah er normalerweise aus:

Kandelaber am Plac Konstytucji

„… Ich durchsuchte den Fahrscheinblock nach den letzten ungelochten Scheinen. Warum, zum Teufel, war es hier so dunkel? Mitten auf dem Platz! Obwohl wir direkt unter einem der gewaltigen Kandelaber standen, dem Stolz des Socrealizm, dem Stolz dieses Platzes. Die Kandelaber waren vielleicht 30 Meter hoch. Und doch war es darunter finster, viel zu dunkel, um ein paar ungelochte Fahrscheine zu finden. Wir waren einfach zu klein für diesen Platz. Wie Gäste im Reiche Liliput. Man hätte schon so groß wie diese Figuren sein müssen, dachte ich, um hier einen Fahrschein zu finden …“

Kino Moskwa

Im Text wird ein überwältigendes Foto zitiert, das ich hier nicht abbilden kann, weil es natürlich geschützt ist. Es stammt vom Briten Chris Niedenthal. 

Er war zu Beginn des Kriegszustands 1981 in Warschau und fotografierte das Kino „Moskwa“ an einem schmutzigen Wintertag. Noch immer hängt das Filmbanner „Czas Apokalypsy“ „Apocaypse now“ von Coppola. Davor Soldaten vor ihrem Schützenpanzer. Menschen in schweren, dunklen Mänteln gehen vorüber.

Ihr findet es aber sofort, wenn ihr via google nach den Schlagworten „apocalypse now niedenthal“ sucht.

Die Geschichten von Mendel

In der ersten Hälfte des Romans stoßt ihr auf die Geschichten von Mendel. Entdeckt es selbst. Interessant ist vielleicht, woher diese Figuren stammen. Sie stammen aus Fotografien, die der amerikanische Fotograf Roman Vishniac im Jahr 1938 von seinen Reisen durch die jüdischen Siedlungen Osteuropas mitgebracht hat. Es ist ein Segen, dass wir sie heute noch in den wundervollen Bildbänden „Verschwundene Welt“ und „Wo Menschen und Bücher lebten“ bewundern können.

Nat Gutman als alter Mann. Nat Gutman als junger Mann. Der Bejgelverkäufer. Der Zeitungskiosk. Die Kellerwohnung der Familie Gutman

Syrenka


Das Wappen der Stadt Warschau

“… Joanna trug ihr langes, weites, weißes Sommerkleid und den Strohhut mit roten Bändern. Wie aus dem letzten Jahrhundert gefallen, dachte ich wieder, als sie so neben mir im Bus stand und den Kopf zur Seite über die Schulter gedreht hatte. Ihr schlanker, schöner Hals. Kurz vor der Świętokrzyskie-Brücke stiegen wir aus und liefen zu Fuß hinüber. Über dem Wybrzeże Kościuszko stützten wir die Ellbogen auf das Geländer und schauten hinab auf die Syrenka, die Sirene, die nun direkt unter uns das Schwert schwang. Die großen, bloßen, festen Brüste der Syrenka prangten dem sechsspurigen Verkehr auf dem Kościuszko-Ufer entgegen. Sie kniete, ja sie kniete tatsächlich. Sie besaß ja wirklich noch Knie. Ihr Fischleib begann also keineswegs schon unterhalb der Hüfte, so wie man es aus den Märchen kennt. Zwei getrennte Oberschenkel schien sie noch zu haben. Was hätte ihr Dreieck, das überdeutlich am Schnittpunkt der Schenkel als Hügel sich formte, sonst für einen Sinn? Erst die Waden waren zu einem Fischschwanz verwachsen. Wer genau hinsah, konnte fast glauben, sie steckte im Fischschwanz wie in kniehohen Stiefeln. 
„Was glaubst du, Joanna, haben Sirenen Sex?“

Ehemaliges Ghetto

Die Próżna-Straße, in der Joanna wohnt: Vor, während und nach der Renovierung.
Das letzte Stück Mauer des ehemaligen Ghetto.

Kaschubien – Ostsee

Ein Aufenthalt an der polnischen Ostsee, voller geheimnisvoller Zeichen. Ihr findet sie wieder im Kapitel Ostsee.
Das verfallene Rittergut, der Bauernhof von Saras Großmutter, schockierend: Die Töne es Nebelhorns, die Aufbauten des versunkenen Frachtersos, der Leuchtturm