Wir bogen ein in eine Hofeinfahrt, in ein verfallenes Rittergut. Das Herrenhaus lag an einem zugewachsenen Teich, in dessen dunklen Wassern sich die kräftigen Buchen des Parks spiegelten. Gleich hinter dem Teich, hinter jenem Zaun begann der Garten. Bis über den Zaun ragte die wilde Pracht der Blumen, Sonnenblumen, Stockmalven, all das. Gleich musste Zosia kommen, im weißen Kleid, mit Blüten im Haar, die schöne Zosia mit ihren braunen Augen und ihrem ebenmäßigen Gesicht, in dem ihre weißen, weißen Zähne leuchteten, als sie lachte und mir zurief: Willkommen, Pan Tadeusz!
In der Tür des Hauses, oben über einer Freitreppe, von zwei alten Linden links und rechts umstanden wurde die zweiflügelige Tür aufgerissen und es erschien ein junger Offizier. Aufmerksam geworden vom Lärmen des Wagens stand er da und schaute zu uns herab.
Die Steingeländer der Treppe waren abgestürzt und Haustrümmer und einige Skulpturen lagen überall verstreut. Nun kam er langsam die Treppe herunter auf mich zu. Es konnte eigentlich nicht sein, aber im Nachhinein war ich sicher, dass er einen Säbel trug.
Meine beiden Bewacher brüllten, als er vor ihnen stand: Herr Hauptmann, verdächtige, ausländische Person mit Waffen aufgegriffen.
Der Offizier aber ging lächelnd auf mich zu, zog seinen ledernen Handschuh aus, klopfte damit den Staub von seiner Uniform und gab mir die Hand.
„Bonjour, monsieur, bienvenue au château de Zakocino“
„Dzień dobry, pan kapitan.“
Er aber bestand darauf, weiter französisch zu sprechen.
„Excuse-moi, monsieur“ und dann an die Soldaten gerichtet:
„Das ist kein MG, ihr Idioten, das ist ein Cello.“ Die beiden standen regungslos.
Und zu mir gewandt sagte er:
„Voulez-vous montre leur dit?“
Ich legte den Koffer ab, öffnete ihn und alle vier betrachteten wir das Cello wie ein schönes Kind in der Krippe.
Der Offizier legte seine Hand auf meine Schulter und sagte nun auf polnisch, damit die beiden es auch verstanden:
„Nehmen sie es ihnen nicht übel. Sie werden Sie selbstverständlich wieder zurück fahren.“ Er gab den beiden ein Zeichen und zu mir gewandt:
„Es würde mich sehr freuen, wenn Sie hier mein Gast sein könnten und ein Konzert geben. Im Schloß. Sie sehen ja, es hat seine besten Jahre hinter sich. Es ist freilich nur noch eine Ruine. Aber ich würde mich sehr freuen.“
„Das Cello gehört meiner Freundin.“
„Ah, na dann, um so lieber! Ich werde meine Kompanie ein wenig aufräumen lassen und dann: trois, quattre, allez!“
„Wo haben sie französisch gelernt?“
„Bin viel rumgekommen. Polnische UNO-Truppen, wissen Sie? Zuletzt Sinai. Vier Jahre her.“
Er grüßte zum Abschied leger mit zwei Fingern an der Schirmmütze.
„Au revoir, monsieur, und laden Sie Ihre Freundin ein.“
Ich nannte den beiden den Namen von Saras Dorf, das aus kaum zwanzig Häusern bestand. Ein alter Dreiseithof mit Scheune und Stall musste es sein und einem kleinen Wohnhaus.
Der Fahrer raste über die holprigen Straßen. Hinter uns schloss sich ein Vorhang aus Staub.
Der Fahrer drehte sich zu mir um und rief mir zu: „Nehmen Sie es nicht krumm.“
„Schon ok.“
„Wir haben hier nämlich Alarmstufe.“
„So? Warum?“
Ohne abzubremsen bog der Fahrer in eine Hofeinfahrt ein, Bremsen quietschten, der trockene Sand spritzte zur Seite, ein Hund bellte. Hühner sprengten davon.