Summer special der Lesebühne Pirna

Die Lesebühne Pirna (Das literarische Komplott) lud Gäste ins Geheimrad ein. Ich war einer von ihnen.

Der Innenhof füllte sich bis auf den letzten Platz. Zwei Schwalben krakeelten und wollten auf ihr Tagwerk hinweisen. Als ob nur Mückenfangen Arbeit wäre und nicht auch Lesen vor Publikum…

Als das Licht nur noch vom Stern von Bethlehem her kam, setzten sie sich zur Ruhe und schauten den Lesungen still zu.

Ich habe vom Warschauer Spätherbst gelesen – Das Kapitel Im Laden – w sklepie.

Bach300

Gratulation im Nachhinein: Bach300! Du hast es verdient!

Mit Deiner wunderbaren Musik (siehe Video) ist eine der wichtigsten Szenen in meinem Roman verbunden:

Jemand spielte am Klavier ein paar Akkorde, stoppte wieder, begann erneut und sofort setzte mit dunklen, aber bewegten Strichen ein Cello ein! Tatsächlich! Ein Cello! Ein Cello spielte diese wunderbare Melodie, ich kannte sie irgendwoher, eine Melodie wie eine einzige Bewegung, wie ein Bach, gleich nach der Quelle, wie er munter abwärts fließt, bis er in ein ruhiges Becken sich ergießt. Da erklang auch schon eine Sopranstimme: „Wohl mir dass ich Jesum habe…“. Mehr verstand ich nicht. So seltsam, plötzlich deutsche Worte zu hören.
Dann, mitten im Spiel, krachte der Klavierdeckel zu und der Schlag hallte durch die Kirche wie ein Schuss. Hastige Schritte, jemand rief ihren Namen. „Joanna!“

https://youtu.be/yfIzeFtI3rA

Literaturfest Meißen

Literaturfest Meißen – das ist wie Straßenmusik. Ringsum der Lärm der (kleinen) Stadt. Kinder toben am Brunnen. Auf der Bank nebenan plaudern Frauen beim Eisessen. Ein Fahrrad scheppert auf dem Kopfsteinpflaster. Aber nach einer Weile waren die Stuhlreihen gut besetzt. Und alle waren dicht dran an der Lesung meines Kapitels „Johannisnacht“.
Viel Beifall. Frohe Gesichter. Dafür hat sich die Anstrengung gelohnt.
Und dann kommt es: Zwei junge Menschen sprechen mich an. Die Frau sagt: „Es hat uns so gut gefallen. Wir sind ganz gerührt.“
Und dann zitierte sie einen Satz von Joanna: Das ist mein Deutscher – und zeigte auf ihren Freund… Den Rest des Gesprächs führten wir auf Polnisch weiter.
Falls ihr das lest: Ihr ahnt gar nicht, wie mich das gerührt hat.
Falls Ihr das lest – meldet Euch doch mal. Ich würde Euch beiden so gern dieses Kapitel widmen.

Auf dem Lesethron am Heinrichsplatz

Literaturfest Meißen

Ich bin dabei und lese (fast) passend zum Datum das Kapitel „Johannisnacht“
Am 9. Juni 2023 um 20:00 Uhr auf dem Heinrichsplatz.

ZoominZoomout, 7.4.2023, Karfreitag

Manchmal liest man darüber, dass die Aufführung von Bachs Johannespassion für die Sängerinnen und Sänger nicht nur eine physische Herausforderung ist, sondern auch emotional sehr ergreifend.
Gestern haben wir es wieder erlebt mit der Briesnitzer Kantorei:
Nach drei Stunden Orchesterproben und einer kurzen Pause die Aufführung.
Ich will von zwei Momenten erzählen. Nach Jesu Tod am Kreuz und seinen letzten Worten „Es ist vollbracht“ erklingt die wundervolle Alt-Arie, begleitet von der traurigen Musik einer Viola da Gamba. Schließlich hört der Chor, der auf der steilen Chortreppe sitzt die Erzählung des Evanglisten: „Und neiget das Haupt und verschied“. Der Dirigent auf dem Pult, lässt mit einer Geste die Musik anhalten und faltet die Hände. Indes wurde die Kirchentür geöffnet, man spürt den kühlen Hauch durch die Kirche gehen und schon läuten die Glocken. Man sieht die Köpfe des Chores gesenkt und ich kann nur berichten von Gefühlen großer Ergriffenheit.
Nachdem die letzten Stücke der Johannespassion verklungen sind, wiederholt sich das noch einmal beim Schlusschoral und den letzten Takten, die beinahe hymnisch rufen: „Herr Jesu Christ, erhöre mich, ich will dich preisen ewiglich.“ Dann setzt das große Geläut ein und die Kirche verharrt in Stille.

Foto: Fang Wang

ZoominZoomout, 2.4.2023

Die Geheimnisse der Johannespassion 2

Eine Figur namens Ahasver findet sich nicht im Johannesevangelium, sie steht in gar keinem Evangelium, sie stammt aus alten Volkssagen. Die erzählen vom Schuhmacher Ahasver aus Jerusalem. Der Leidensweg Christi, der sein eigenes Kreuz auf der Schulter zur Hinrichtungsstätte nach Golgatha tragen musste,  führte direkt an Ahasvers Haus vorbei. Es heißt, die tiefe Schulterwunde, die von den Balken des Kreuzes stammte, sei die schmerzhafteste aller Wunden Jesu gewesen. Jesus blieb stehen vor Ahasvers Haus. Ahasver aber, der den Reformer Jesus für einen Ketzer hielt, trieb Jesus mit Faustschlägen weiter. Jesus aber sah ihn an und sprach: „Ich will stehen und ruhen, du aber sollst gehen.“

Und so musste Ahasver fortan, wie von einem Fluch getrieben durch die Jahrhunderte und die Welt wandern, und er fand keine Ruhe, noch nicht einmal den Tod.

Dieser Ahasver war also einer jener Wutbürger, die im Chor fordern und schreien: „Kreuziget! Kreuziget ihn!“

Welche Wandlungen er auf seiner rastlosen Wanderung erfährt, darüber gibt es zahlreiche Varianten in der Literatur, bei Hans-Christian Andersen, Jorge Luis Borges, Gabriel Garcia Marques, Leo Perutz,  Stefan Heym und bei vielen anderen.

Und … Er spielt eine Rolle in meinem neuen Romanprojekt. Davon wird allerdings noch nichts verraten.

ZoominZomout – 14.3.2023

Die Geheimnisse der Johannespassion 1

Jeder kennt die Stellen in Bachs Johannespassion, der Chor der Wutbürger fängt an zu schreien, die Stimmen scheinen überzuschnappen, der Rhythmus wie Hammerschläge: „Kreuziget, Kreuziget, kreuziget ihn!“
Alles scheint drunter und drüber zu gehen, so jedenfalls ist es hörbar für alle in der Kirchenbank oder am Lautsprecher. Und doch hat Bach natürlich alles in Noten geschrieben.
Das Überraschende ist, weil es im Verborgenen offenbar wird: Die Kreuzigung wiederholt sich in der Notenschrift. Plötzlich wird in Tonarten notiert mit besonders vielen Kreuzen, plötzlich laufen Tonlagen gegeneinander und kreuzen sich, die ansonsten in ihren angestammten Höhen nebeneinander verlaufen. Kreuziget ihn!

ZoominZoomout – 19.1.2023

In einer industriellen Buchhandlung an den Regalen entlang schlendern. Ratgeber, Ratgeber, Einhörner, Furzkissen, Reise. Kein Regal für mich. So ist es eben. Aber ein Mädchen, vielleicht 10,11 Jahre alt, hockt mit Winterjacke und Schulranzen auf dem Rücken auf dem einzigen Stuhl und hat ein Buch auf den Knien aufgeschlagen.

Wenig später steht das Mädchen vor mir an der Kasse. Sie bittet die Verkäuferin um etwas. Die verpackt gerade ein Buch als Geschenk, schaut kurz auf, schüttelt den Kopf, bindet eine Schleife. Das Mädchen bittet erneut. Da öffnet die Verkäuferin eine Schublade, holt ein Päckchen Papiertaschentücher heraus und reicht ihr eines.